Gutes tun kann so einfach sein.
Gemeinsam zur Fairtrade-Town. Anders denken. Anders handeln. Gutes tun.
Kooperationsveranstaltung von Fairtrade-Stadt, VHS und Weltladen
Vortrag zur ausbeuterischen Kinderarbeit in der VHS
Prof. Dr. Dr. Lohner (2.v.r.) deckte die vielfältigen Hintergründe für die weltweite ausbeuterische Kinderarbeit auf. Hubertus Heix (r.), Vorsitzender der Steuerungsgruppe, Sonja Vieten, Leiterin der VHS und Karl-Heinz Pasing (l.) vom Weltladen bedankten sich für den interessanten, fundierten und detailreichen Vortrag Foto © Manfred Austrup
Nachdem die Ausstellung „Der Skandal hat viele Gesichter“ im Weltladen vom 1.-24. Februar zu sehen war, findet sie jetzt ihre Fortsetzung im März in der VHS Gelderland. Im Rahmen einer Auftaktveranstaltung zu diesem Thema konnte Prof. Dr. Dr. Alexander Lohner, vermittelt von Misereor, zu einem Vortrag gewonnen werden.
Hier können Sie eine inhaltliche Zusammenfassung des Vortrags lesen:
Vortrag von Prof. Dr. Dr. Lohner zum Thema „Kinderarbeit“
Eine Veranstaltung in Kooperation der Steuerungsgruppe Fairtrade-Stadt Geldern, VHS und dem Weltladen Geldern
„Mut ist, zu geben, wenn alle nehmen“
Prof. Lohner wollte seinen Vortrag als komplementär zu der gezeigten Ausstellung angelegt wissen. Neben den etwa 79 Mio. Kindern weltweit, die von sog. ausbeuterischer Kinderarbeit betroffen sind, lässt das Schicksal viele weitere Kinder unter unwürdigen, nicht kindgerechten Bedingungen leben:
– Straßenkinder, ca. 100 Mio.
– Kinderhandel, ca. 1,2 Mio. als Sklaven, Bettler, Prostituierte
– Opfer sexualisierter Gewalt, mehr als 220 Mio.
Die menschenunwürdige Situation vieler Kinder, darunter vor allem auch die Kinderarbeit, ist im Kontext der zu dem Wirtschaftssystem (Kapitalismus, Globalisierung) der 20 reichsten Länder auf der Erde zu sehen, das dazu führt, dass arme Länder in ihrer Verschuldungsspirale und damit in Abhängigkeit gefangen gehalten werden, um die Bedürfnisse nach billigen Rohstoffen zu befriedigen. Damit gefährden die reichen Länder die Existenz so vieler armer Menschen und entziehen ihnen und ihren Familien die Lebensgrundlagen. Kinder werden zwangsläufig in die Arbeit zur Existenzsicherung geschickt. Ohne Bildung kommen die Kinder aus diesem Teufelskreislauf nicht heraus.
Prof. Lohner führt einige Beispiele an:
Die Wasserproblematik
In einer neuen Dimension der allg. Menschenrechte, den WSK-Rechten (wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte) gehört das Recht auf Wasser. Wasser wird aber auch als Ware angesehen. Und so nutzen Konzerne wie Nestlé arme verschuldete Länder aus, die gezwungen werden, das wenige Wasser als Ressource anzubieten, und dann ihr eigenes Wasser als Trinkwasser kaufen müssen.
Wasser und Kindergesundheit gehören eng zusammen. Mangelnde Hygiene führt zu einer hohen Sterberate. Die Gender-Problematik führt dazu, dass Mädchen in ihrer sozialen Geschlechterrolle das Wasser, das durch viele Faktoren (Klimawandel etc.) knapper wird, von immer entfernter gelegenen Stellen holen müssen, was die Wege verlängert, mehr Zeit erfordert, damit die Zeit für die Schule fehlt. Bildung ist auch eine Gesundheitsvorsorgemaßnahme!
Die Wasserknappheit nimmt nicht zuletzt durch die Nahrungsmittelproduktion zu. Und die hängt wiederum in hohem Maße von der Verschuldung ab. Die reichen Länder (Konzerne) schreiben den armen Ländern vor, was sie produzieren sollen. Regierungen sind ja gezwungen, Devisen zu beschaffen, um die Schulden abzuzahlen. Der Wasserverbrauch in der Nahrungsmittelindustrie ist enorm. So werden zur Erzeugung von 1kg Rindfleisch über 15000 Liter Wasser gebraucht. Der Apell muss sein, keine Nahrungsmittel und Güter aus dem Süden zu kaufen (außer Fairtrade-Produkte). Man nimmt den armen Ländern Wasser und Nahrung weg. Es ist paradox, dass Menschen, die Nahrung für uns produzieren selber hungern müssen!
Die Coltanproblematik
Die Republik Kongo mit ihren 80 Mio. Einwohnern ist das zweitärmste Land der Welt, obwohl es so reich an Bodenschätzen ist. Schuld daran trägt allen voran der europäische, hier der belgische Kolonialismus, der mit brutaler Ausbeutung einhergegangen ist. Dieser spiegelt sich heute speziell in der Coltangewinnung wider. Coltan ist ein wertvolles Metalloxidmineral, dessen Inhaltsstoffe in Handys gebraucht wird. In mehr als 30% der Minen arbeiten Kinder und Jugendliche in selbstgegrabenen Stollen ohne Arbeits- und Gesundheitsschutz unter Gefährdung ihres Lebens. Aufgrund der Armut und der mangelnden Perspektive schuften viele junge Menschen, obwohl sie z.T. auch gut ausgebildet sind, z.B. Abitur haben. Für uns muss die einzige Konsequenz sein: nur ein „faires“ Handy kaufen!
Bleivergiftung
Ca. 800 Mio. Kinder haben einen zu hohen Bleigehalt im Blut, was mit unserem Luxus und natürlich mit der Kinderarbeit zu tun hat. Die Batterieproduktion , das Recycling, das Durchwühlen der Müllhalden in den armen Ländern, die unseren Elektronikschrott aufnehmen, führt zu dieser enormen Gesundheitsgefährdung.
Gibt es auch Erfolgsgeschichten?
Die Kinderlähmung (Polio) ist weltweit besiegt! Nichtsdestotrotz ist für viele Kinder im globalen Süden die Perspektive für viele Infektionskrankheiten schlecht, weil die Pharmaindustrie wegen ihres Profitstrebens keine günstigen Medikamente für diese Länder herstellt. Auch die AIDS-Krise musste zunächst als Ursache von Bildungsnot und Kinderarbeit gelten. Wegen der hohen Todesrate starben z.B. auch viele Lehrer im Afrika südlich der Sahara, die die Bildungsnot und damit die gesundheitliche Aufklärung erheblich behinderten. Heute ist die Produktion von AIDS-Medikamenten billiger geworden und hilft bei der Behandlung dieser Krankheit auch in den ärmeren Ländern.
Fazit
In seinem facettenreichen Vortrag zeichnete Prof. Lohner besonders die vielfältigen wirtschaftsgeopolitischen Hintergründe für die Situation der Kinder, speziell für die Kinderarbeit auf, die besonders in unserem Lebensstil begründet sind. Er mahnte unsere moralische Verpflichtung an, dafür zu sorgen, die Perspektiven für ein menschenwürdiges Leben dieser Kinder zu erhöhen.
Fairer Handel und damit Verbot von Kinderarbeit und Erhöhung der Bildungschancen sind ein wichtiger Weg dahin.