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„Ultra Fast Fashion – Wie Wegwerfmode unseren Planeten ruiniert“

Vortrag von Frank Herrmann vor  550 Schülerinnen und Schülern in der Fairtrade-Stadt

         Frank Herrmann in der Aula des Lise-Meitner-Gymnasiums                                                                                                        Foto ©Manfred Austrup

„Ich habe nichts anzuziehen!?“

GELDERN. Auf Einladung der Steuerungsgruppe der Fairtrade-Stadt Geldern, des Weltladens und der VHS Gelderland war Frank Herrmann, Buchautor, Journalist und ausgewiesener Experte in Sachen Fairtrade, in der Aula des Lise-Meitner-Gymnasiums zu Gast. Sein Thema: „Ultra Fast Fashion – wie Wegwerfmode unseren Planeten ruiniert“. Vor 550 Schülerinnen und Schüler aller weiterführenden Schulen ab Jahrgangsstufe 10 gab Herrmann mehr als interessante Einblicke in die Welt der Mode, die konsumorientierten Methoden der Modeketten, den ökologischen Fußabdruck und die oft ausbeuterische und umweltzerstörende Herstellung unserer Kleidung.

Der Blick in den vollen Kleiderschrank und die oft zitierte Aussage „Ich habe nichts anzuziehen!“ eröffnete den Vortrag, um den jungen Menschen das Thema Fast Fashion näher zu bringen. In diesem Jahr werden weltweit 186 Mrd Kleidungsstücke produziert. Dass unsere Kleidung, speziell die Billigmode zum großen Teil aus Asien stammt, konnten die Schülerinnen und Schüler anhand der Etiketten in ihrer Kleidung direkt feststellen. Neu dürfte vor allem sein, dass ein Kleidungsstück nicht an einem Ort komplett hergestellt wird, sondern einzelne Produktionsschritte wie Weben, Nähen, Färben, Knöpfe und Reißverschlüsse annähen in verschiedenen Ländern erfolgen. „50.000 km legt eine Jeans zurück, bis sie fertig ist“, so Herrmann. Den Schülerinnen und Schülern wurde deutlich, dass diese irren langen Transportwege die Umwelt belasten. Hinzu kommt die Ausbeutung der Näherinnen in den Fabriken, vor allem Bangladesch: kein Existenzlohn, eine bis zu 90 Std. Woche, kein Arbeitsschutz, Arbeit mit krankmachenden Chemikalien und auch sexuelle Übergriffe kennzeichnen den Alltag vieler junger Frauen. Während der Mindestlohn bei uns 12,41 Euro beträgt, bekommt eine Näherin in Bangladesch nur 65 Cent, also durchschnittlich 104 Euro pro Monat. Davon müssen oft 50 Euro für das Zimmer bezahlt werden, in dem 8 Menschen manchmal leben. Frank Herrmann machte deutlich, wie katastrophal und menschenverachtend die Lebens- und Arbeitsbedingungen hier sind.

Welchen ökologischen Fußabdruck unser Modekonsum hat, wurde von Frank Herrmann mit schockierenden Zahlen belegt. Eine Jeans erfordert bei der Herstellung 8000 Liter Wasser, viele Seen (z.B. Aralsee) sind ausgetrocknet. Von den weltweit ausgestoßenen 36 Mrd Tonnen CO2 entfallen auf die Mode allein 3,3 Mrd, also etwa 10% der Gesamtmenge. Die bei der Produktion von Kleidung benötigten Chemikalien gelangen meist ungeklärt in die Flüsse und Seen und gefährden das Trinkwasser. Dazu kommt noch eine Menge Mikroplastik, vor allem in billiger synthetischer Kleidung, welches ausgewaschen wird und über die Nahrungskette in unseren Körper gelangt.Der Übergang von Fast Fashion zu Ultra Fast Fashion vollzieht sich rasant. Modeketten produzieren nicht mehr 4 Modekollektionen pro Jahr sondern 52 Mikrokollektionen, wodurch der Konsum enorm angekurbelt wird.

Deutlich prangerte Frank Herrmann den Online-Handel an. 83% der 2021 zurückgesendeten 530 Mio Pakete beinhalteten Kleidung. 17 Mio Retouren wurden sogar entsorgt, weil es günstiger ist, als die Gegenstände auszupacken und neu versandfertig zu machen. Dadurch wird die Umwelt mit 795.000 Tonnen CO2 zusätzlich belastet. Deutlich kritisierte Herrmann Anbieter wie Shein, der die Ware nur über Social Media – gepowert von Influenzern – vertreibt. Bis zu 6000 neue Produkte wirft der asiatische Anbieter jede Woche auf den Markt, minderwertige Ware unter ausbeuterischen Bedingungen produziert.

Eine Folge dieses Konsumrausches ist dann die Entsorgung von Kleidung. Allein in Deutschland werden pro Jahr 1 Mio Tonnen Kleidung entsorgt. Damit können 42.000 LKW beladen werden, die aneinander gereiht eine Schlange von Flensburg bis Innsbruck ergeben.
Ausrangierte und gespendete Kleidung gelangt häufig in arme Länder auf anderen Kontinenten, wo die Flut an Altkleidern nicht mehr bewältigt werden kann und die Entsorgung auf Deponien, in Flüssen oder Wüsten (z.B. Atacama) passiert. Zudem wird jede Sekunde eine LKW-Ladung an Kleidung verbrannt.

Spätestens an diesem Punkt wird den jungen Zuhörerinnen und Zuhörern klar, dass ein jeder von uns einen verantwortungsvollen Umgang mit Kleidung pflegen sollte, der Umwelt und den Menschen zu Liebe, die diese Ware produzieren. Empfehlungen gab Frank Herrmann dann auch. Neben Unternehmen und Politik können wir als Verbraucher aktiv werden. Ein maßvoller, bewusst fairer Einkauf, das Reparieren von Kleidung, Secondhandeinkauf gehören dazu. Und die Fragen: Wer bekommt mein Geld? Mach ich die Reichen immer reicher?

Die engagierten Ausführungen von Frank Herrmann sorgten für lang anhaltenden Applaus und regten eindringlich zum Nachdenken an. Am Ende konnten Vertreterinnen von einer Schülerzeitung noch persönlich Informationen von Frank Herrmann bekommen.