Gutes tun kann so einfach sein.
Gemeinsam zur Fairtrade-Town. Anders denken. Anders handeln. Gutes tun.
Besuch aus Nicaragua
Vortragsveranstaltung in Kooperation von Weltladen Geldern und VHS
Sonja Vieten, Leiterin der VHS und Hubertus Heix vom Weltladen (r.) bedanken sich bei Jens Klein und Jover Mendoza für den informativen und die Hintergründe des fairen Kaffeeanbaus beleuchtenden Vortrag Foto: © Manfred Austrup
Jens Klein, Kaffeeimporteur und Lieferant unseres „De Geldersc he LandLebenKaffee“, und Jolver Mendoza Hernandez aus Nicaragua vom Kooperativenverband UCA Minaflor waren zu Gast in Geldern. In einer Vortragsveranstaltung der VHS, die in Kooperation mit dem Weltladen durchgeführt wurde, beleuchteten sie den fairen und ökologischen Kaffeeanbau in Nicaragua, die Vorteile einer Kooperative gegenüber dem Zwischenhandel und die Transportwege der Kaffeebohnen (Stichwort: Segelkaffee). Darüber hinaus stellten sie ein neues Modell hinsichtlich des Kaffeeeinkaufs im Sinne des „solidarischen Prinzips“ vor.
In einer filmischen Einführung erläuterte Jens Klein die von ihm gegründete Genossenschaft Café Chavalo, die es sich zur Aufgabe macht, den fairen Handel von Kaffee aus Nicaragua nicht nur zu fördern, sondern darüber hinaus in vielfältiger Weise die partnerschaftliche Teilhabe der Kleinbauern und Produzenten zu stärken. So werden nicht nur garantierte Lieferverträge und Mindestpreise mit Prämien (bis zum dreifachen des Weltmarktpreises) gezahlt, sondern auch Unterstützung im biologischen Anbau, in der nachhaltigen Bewirtschaftung und bei der Weiterverarbeitung geleistet. Auf diese Weise werden die Lebensbedingungen der Familien in jeder Hinsicht verbessert. Zudem erlauben die extra bezahlten Prämien die Errichtung z.B. von Schulen und die Verbesserung der Infrastruktur der dörflichen Gemeinschaft. Somit überwiegen die Vorteile einer Genossenschaft bei weitem im Vergleich zu den sog. Zwischenhändlern, die für sich eine höhere Gewinnspanne erzielen wollen, die Preise drücken und keinen Beitrag zur Förderung des sozialen Lebens einer Dorfgemeinschaft beitragen. Voraussetzung all der Leistungen einer Kooperative ist natürlich die Schaffung eines stabilen Absatzmarktes hier in Deutschland und anderswo. Jens Klein erklärte, dass nicht die vollständige Kaffeebohnenernte unter Fairtrade-Bedingungen exportiert werden kann, dass aber immerhin bis zu 65% des Kaffees des Kooperativenverbandes UCA Minaflor fair gehandelt wird.
Jolver Mendoza beschrieb in seinem Teil des Vortrags , wie wichtig so ein Kopoerativenverband, dem zurzeit 400 Mitglieder und 250 Kaffeeproduzenten angehören, für jeden Kleinbauern ist. Neben dem Betrieb von Baumschulen und der Bereitstellung von Saatgut sorgt er u.a. auch für Stipendienprogramme und Schulmaterial für Kinder. Auch in der Corona-Pandemie wurden Hilfen bereitgestellt: Lebensmittelpakete, Hygieneprodukte, Kurse zu Präventionsmaßnahmen. Weitere Unterstützung in Krisenzeiten sind z.B. die Beschaffung von Trockenzelten für die Kaffebohnen als Maßnahme gegen den Klimawandel.
Der Kaffeeanbau an sich ist als Kolonialerbe zu verstehen. Die Kaffeepflanze war nicht heimisch in diesen Regionen. Heute existiert gutes Saatgut, das im klimatischen Jahresrhythmus Regen und Trockenzeit gute Erträge ermöglicht. Setzlinge werden 6-8 Monate lang kultiviert, nach 3 Jahren können dann die Kaffeebohnen geerntet werden, 10-12 Jahre lang. Erntezeit ist von November bis Februar, wobei in Abschnitten die jeweils reifen Früchte mit der Hand(!) gepflückt werden. Ein Kaffeestrauch liefert Bohnen für etwa 1 Packung Kaffee.
Der Transport der Kaffeebohnen bis zur Rösterei hier in Deutschland stellt aus ökologischer Sicht ein großes Problem dar. Die Lieferung des Kaffees über Container ist heute die kostengünstigste Alternative. Doch die gesamte Containerschifffahrt erzeugt mehr CO2-Emissionen als die gesamte Bundesrepublik Deutschland. Der Ausstoß an Feinstaub, Stickoxiden, Schwefeldioxid, Ruß etc. ist gewaltig. Zudem entziehen sich Reedereien durch Ausflaggung ihrer Verantwortung und sorgen somit für schwierige Arbeitsbedingungen an Bord der Schiffe. Dass es auch anders geht, hat Jens Klein gezeigt, indem er einen Teil seines importierten Kaffees per Segelschiff und damit ziemlich klimaneutral transportieren lässt. Sein Prinzip dabei ist, nachhaltige Produzenten und verantwortungsvolle Konsumenten miteinander zu verbinden. Der sog. „Segel-Kaffee“ erfüllt die Voraussetzungen für ein nachhaltiges, klimafreundliches Produkt. Allerdings ist der Preis höher, weil die Transportkosten deutlich höher sind: Transport im Container 026 Euro / kg – Transport im Frachtsegler ca. 5,- Euro / kg. Um den Kaffeeanbau auch neutraler zu gestalten, erfolgt ein Ausgleich über ein Aufforstungsprojekt mit den Kaffeebauern. Der Segel-Kaffee von Café Chavalo ist bio –fair –gesegelt. Der Preis beim Einkauf vor Ort liegt rund 30% über dem Fairtrade-Level.
Im abschließenden Teil des Vortrags erläuterte Jens Klein ein neues Modell für den Kaffeeeinkauf, das als Pilotprojekt „wir.kaffee“ geplant ist. Im Sinne des Prinzips einer „solidarischen Landwirtschaft“ erstellt der Produzent bzw. die Kooperative eine Kostenkalkulation für das Jahr. Auf dieser Grundlage kauft sich der Exporteur ein und erhält Ernteanteile. Je nach Ertragslage sind diese mal höher, mal geringer. Dieses Modell bedeutet für den Bauern garantierte Einnahmen schon vor der Ernte und damit höhere Einnahmen als beim Weltmarktpreis und auch höhere als bei Fairtrade.
Der Vortrag, der durch Lieder von Jolver, begleitet mit seiner Gitarre, aufgelockert wurde, zeigte den Teilnehmern der Veranstaltung anschaulich und eindrücklich auf, wie partnerschaftlich der faire Handel ist, der die kleinbäuerlichen Produzenten mit Respekt und Teilhabe auf Augenhöhe begegnet.